Coimbra

Mit dem Titel »Hauptstadt von Portugal« konnten sich im Laufe der 800-jährigen Geschichte des Landes mehrere Städte schmücken – so auch Coimbra von 1139 bis 1256. Außerdem rühmt sich die Stadt am Rio Mondego, Geburtsort von sechs portugiesischen Königen zu sein. Seit Jahrhunderten gründet der Ruf Coimbras vor allem auf dem seiner Universität. Gegründet wurde sie 1290 in Lissabon und ist seit 1537 endgültig in Coimbra beheimatet – als eine der ältesten und renommiertesten Hochschulen der Welt.

Wie in vielen alten europäischen Universitätsstädten verbinden sich in der 100 000-Einwohner-Stadt Historie und Lebendigkeit aufs Angenehmste. So lockt »die Schöne« Studenten und Touristen ins Universitätsviertel, in Kirchen und Museen, auf belebte Plätze und Einkaufsstraßen, in enge Gassen und auf steile Trppen. Da Coimbra auf dem Alcáçova errichtet wurde, einem Hügel, der sich 160 Meter über den Fluss erhebt, wird der Stadtrundgang für manche Besucher zur sportlichen Herausforderung.

Buchläden, Buchläden und Buchläden – Restaurants, Cafes und Musikkneipen – (Bildungshungrige werden sich hier schnell zu Hause fühlen. Idealerweise beginnt ein Stadtbummel am Largo da Portagem, einem von Grünanlagen gesäumten Platz am Mondego. Dann lässt man sich treiben, gelangt früher oder später zum Praça do Comércio, dem alten Marktplatz. Reichverzierte Bürgerhäuser mit den typischen Balkonen – kleine, liebevoll eingerichtete Läden und Kirchen säumen den Weg. Ein Abstecher sollte entlang der alten Stadtmauer in die Rua Olímpio Nicolau Rui Fernandes führen: Dort liegt der Jardim da Mange, der »verwunschene Garten«. Der Überrest des Kreuzgangs in einem ehemaligen Kloster, ein kleiner Kuppelbau, der von einem Wassergraben umgeben ist, soll einst den Mönchen als abgeschiedener Ort der Meditation gedient haben. Was Reiseführer als geheimnisvollen Ort der Stille verkaufen, entpuppt sich als kleine Anlage an einer vielbefahrenen Straße. Dennoch lohnt der Weg – in einem kleinen Selbstbedienungs-Bistro locken inmitten der Einheimischen köstliche Stärkungen: Suppen, Wurst, Fisch – original portugiesische Küche zu Mensapreisen. Belebt von einem kräftigen Kaffee, uma bica, steht der nächsten Entdeckungstour nichts mehr im Wege: Hinauf ins Zentrum der Gelehrsamkeit!

Der Weg hinauf auf den Stadtberg – denn ganz oben thront die Universität – führt vorbei an der Sé Velha, der alten Kathedrale, die auf den ersten Blick einer Festung ähnelt. Von außen beinahe schmucklos, entfaltet das größte romanische Bauwerk Portugals seinen Zauber in seinem Innern. Mehrere Grabmale, ein spätgotischer, in Gold und Blau gehaltener Hochaltar, ein Renaissance-Taufstein, ziehen die Aufmerksamkeit der Besucher an; ebenso die 380 romanischen Kapitelle, kunstvoll ausgestaltete Säulenköpfe. Sie sind überwiegend mit meisterlich aus dem Stein gehauenen pflanzlichen Motiven, aber auch mit Menschen- und Tierköpfen geschmückt. Vom südlichen Seitenschiff aus gelangt man in einen frühgotischen Kreuzgang. Und obwohl man hier selten allein ist, lässt dieser Ort doch die Ruhe vergangener Tage erahnen.

Durch die Porta Férrera, das Eiserne Tor, das von allegorischen Figuren der ursprünglichen Fakultäten geziert wird, betritt man den großen Hof der Universität. Der ehemalige Königspalast wird seit 1547 als Bildungsinstitut genutzt. Ursprünglich wurden hier nur Kirchen- und Zivilrecht, Medizin, Grammatik und Philosophie unterrichtet. Heute sind zahlreiche Institute, unter anderem für Ur- und Frühgeschichte und Botanik, über die ganze Stadt verteilt. Der Glockenturm ist das Wahrzeichen der Universität und weithin sichtbar. Ein Säulengang wurde im 18. Jahrhundert an den Palast angefügt, die so genannte Via Latina. Auf diesem Weg, der in den Prüfungssaal führte, durften die Studenten nur Lateinisch sprechen. Eine mit Azulejos prächtig geschmückte Kapelle war Generationen von Lehrenden und Lernenden Ort der Besinnung.

Doch das Schmuckstück der gesamten Anlage ist ohne Zweifel die barocke Bibliotheca Joanina. Nur in kleinen Gruppen darf dieser Hort des Wissens betreten werden, doch es lohnt sich, hier ein wenig Wartezeit in Kauf zunehmen. Die Bibliothek zählt zu den schönsten der Welt. Jeder der drei prächtig ausstaffierten Räume präsentiert sich in einer anderen Farbe. Deckengemälde stellen die Künste, die Wissenschaft und die göttliche Weisheit dar. Goldene Wappen und reich vergoldete Schnitzereien strahlen an Bücherregalen und Geländern, üppige Verzierungen an jedem freien Flecken der Wand. Einlegearbeiten an gewaltigen Tischen zeugen vom Reichtum und auch der Prunksucht des Königs João V., der die Bibliothek errichten ließ. Und dann sind da natürlich vor allem die Bücher: 120 000 Bände, gelegentlich ist sogar von 300 000 Folianten die Rede – kunstvoll gebunden und meisterlich geprägt sind die Rückentitel. Die Bibliothek soll 3000 mittelalterliche Handschriften beherbergen. Bis 1910 war sie in regulärem Betrieb, heute darf nur noch blättern, wer eine Sondergenehmigung hat.

An noch einem weiteren Ort profitieren Studierende und Besucher gleichermaßen von den Aktivitäten der Lehranstalt: Der Jardim Botânico, mit 20 Hektar Fläche der größte botanische Garten Portugals, hat 1200 Pflanzenarten zu bieten. Er wurde im 18. Jahrhundert angelegt, als auf Initiative des Marques de Pombal, der sich beim Wiederaufbau Lissabons nach dem großen Erdbeben einen Namen gemacht hatte, an der Universität das Studienfach Naturgeschichte eingeführt wurde. Heute lädt der große Park zu Spaziergängen mit Blick auf den Mondeo ein, und die großen und kleinen Bewohner der Stadt schätzen die schattigen Fleckchen für ihre Freizeitaktivitäten.

Wer nach diesen vielfältigen Eindrücken immer noch Lust auf portugiesische Lebensart hat, wird in Coimbra auf seine Kosten kommen: In der Bar Diligência, einer gemütliche Musikkneipe in der Rua Nova ist der Fado zu Hause. Auch portugiesische Gäste und Studenten stimmen oft mit ein. Wer dabei sein will, sollte allerdings vorher einen Tisch reservieren. Doch auch anderswo wird gesungen. Es lohnt sich, die Aushänge und Handzettel, die in der Stadt verteilt werden, aufmerksam zu studieren.

Coimbra - Brücke über den Rio Mondego

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Coimbra - Kathedrale Sé Velha

Universität Coimbra - Porta Férrea

Universität Coimbra

Universität Coimbra - Bibliotheca Joanina

Universität Coimbra

Coimbra - Azulejos

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